Statt die geplannte Finnline, Inline Urlaub in Finnland, machten 3 Mittelland Damen eine rollende Staycation in der Schweiz. Eine Staycation ist vom englischen Stay (bleiben …. im Land bleiben) und vacation (Urlaub) gebildet.
Gegen Abend des Freitags 3. Juli erreichten wir (Nadia und Victoria) im übervollen Zug Landquart. Voller Elan legten wir die Inliner an und beluden den umfunktionierten Kinderwagen. Das erste Schild der Nationalroute 1 ist gut sichtbar direkt am Bahnhof und so rollten wir bei kühlen Abend-Temperaturen los. Nach 2 Minuten Rollzeit mussten wir schon das Navi konsultieren und lernten rasch, dass ein verpasster Wegweiser gravierende Konsequenzen haben kann.
Wir fuhren zurück zum Bahnhof und machten einen 2. Anlauf und fuhren zufrieden durch Rebbau, Wälder und Felder zum nahgelegenen Bad Ragaz und dem ersten Zeltplatz der Tour. Die durchnässte Wiese deutete auf starken Regenfall, der uns nicht erwischt hatte.
Am Samstag erkundigten wir zu Fuss die Taminaschlucht und den Quelleweg durch das Felsinnere zur sprudelnden Quelle der Bad Ragaz Bäder. Erst nach der Mittagspause schnürrten wir die Inliner und mit noch frischen Beinen rollten wir unter einem wolkenlosen Himmel Richtung Norden, dem Oberrheintal entlang. Links und rechts wunderschöne hohe Berge lenkten uns vom gnadenlosen Gegenwind ab. Obwohl wir sehr minimalistisch gepackt hatten, spürten wir das Gewicht des beladenen Kinderwagens. Bei der kleinsten Steigung mussten wir kämpfen um überhaupt noch vorwärts zu kommen. Der Rheindamm führte uns nach 50 harten Km zum Nachtlager am Baggersee (Kriessen). Wir genossen bis zum Sonnenuntergang die Badeoase.
Wie von den Einheimischen versprochen, genossen wir am Vormittag einen Rückenwind für die restlichen 15km bis zum Bodensee. Als wir Richtung Westen abbogen und den Uferweg folgten war wieder der vertraute Gegenwind zu spüren. Wir schlängelten uns durch zahlreiche Fussgänger, Velofahrer und Skater. Nach einer langen Mittags-, Bade-, Glace- und Schlafpause in Romanshorn verabschiedeten wir uns von der Nationalroute 1 und rollten weiter auf die Nationalroute 3. Unter brennender Sonne skateten wir der Mittelland Route durch hüglige Landschaft nach Osten. Der Zeltplatz befand sich 3km südlich von der Route an einem wunderschönen Flüsschen, der Sitter. Die 3km waren aber «The downhill of doom» mit 20% Gefälle, schlechtem Belag und vielen Kurven ging es hinunter nach Leutswil. Am Zeltplatz angekommen sagten wir beide gleichzeitig «Ich fahre morgen sicher NICHT da wieder hoch!»
Dank der App OruxMaps fanden wir einen flachen Weg zurück zur Route 3. Der Gegenwind liess uns nicht in Ruhe. Wir folgten dem Thurtal Richtung Winterthur. Als Nadia in Weinfeldern keine Zusatzrunde auf der Inlinedrome machen wollte, habe ich geahnt, dass irgendetwas nicht stimmte. In Frauenfeld schauten wir ihre Füsse an, welche trotz gepolsterten Fitnessschuhen kein schöner Anblick waren. Es wurde uns sofort klar, dass wir heute nicht weiter rollen sollten und, dass Nadia aufs Velo umsteigen muss.
Nelly zur Rettung! Nach einem kurzen Telefon war alles geregelt und Nadia konnte ruhig schlafen in guten Gewissen, dass sie für ihre Füsse das richtige tat.
Am Dienstagmorgen um 9 Uhr in Frauenfeld am Bahnhof warteten auf mich Victoria und Nadia . Mit dabei hatte ich meine Skates, etwas Wechselkleider und ein Velo für Nadia. Die Strecke führte uns durch schöne Wälder der Töss entlang, von Pfäffikon bis Uster gab es mehrere Abfahrten. Wohl gemerkt, unser Wagen, den wir zur Verfügung hatten hatte zwar die Bremsen aber sie waren defekt. Immer wenn es runter ging musste Victoria den Wagen übernehmen. Es war unglaublich mit welchem Tempo sie den Wagen nach unten brachte. Ich glaube sie sollte immer einen Wagen ohne Bremsen in den Finger haben bei einer Abfahrt. Gerade aus ging es gut mit dem Wagen aber bei einem Anstieg gab es arg zu kämpfen. Am Greifensee gingen wir baden und haben unser Zelt aufgestellt. Am anderen Morgen sind wir wieder um neun Uhr nach Brugg losgefahren. Auf dieser Strecke gab es keine Campingplätze mehr, wir waren sehr erfreut, dass es in der Jugi (war ein halbes Schloss) für uns noch einen Platz gab. Wir waren sehr müde, da wir schon wieder mit Wind zu kämpfen hatten. Am Morgen darauf ging es selbstverständlich wieder mit Gegenwind weiter nach Niederbipp resp. Oberbipp. Diese Nacht haben wir zu Hause geschlafen aber am nächsten Morgen standen wir wieder auf den Inlineskates Richtung ( Gegenwind ) an den Bielersee. Wohl gemerkt, die Route ging nie auf dem direkten Weg, wir sind immer den Skatingroute 3 gefolgt. Eigentlich ist die Strecke gut ausgeschildert, wir nutzten das Handy nur selten zur Navigation. Zweimal ging es allerdings über Kiesweg und einmal die Treppe runter. In diesen vier Tagen in denen ich die beiden begleiten durfte, haben wir auch immer wieder Picknickpausen gemacht. Das war auch gut so, ich hätte sonst zu wenig gegessen und wäre dann wieder in ein Hungerloch gefallen. Beim Trinken war ich aber viel besser als die beiden. Da das Wetter heiss war, haben wir immer wieder einen Brunnen gesucht. Am Abend vom vierten Tag habe ich die beiden wieder verlassen und bin mit dem Zug nach Hause gefahren.
Nach dem nächtlichen Gewitter starteten wir bei kühlen Temperaturen, teils feuchten Strassen und (Hallelujah!) endlich mal Rückenwind. Wir sausten ohne Mühe den Bielersee Südufer entlang und folgten dem Hagneckkanal Richtung Murtensee. Der schlechte Belag bei den Feldwegen durch das Grosse Moos war durch den Rückenwind entschädigt und trotz sehr dreckige und nasse Strässchen kamen wir gut voran. Ohne Mühe stiess uns der Wind durchs Drei-Seen-Land und wir kamen aber schon um 16 Uhr in Esavayer-le-Lac, das Ende der Route 3. Nach 8 Tagen und 485km erreichten wir unser Ziel.
Victoria, Nadia + Nelly